Sprache

Porträt

Brigitte Schoekle – eine Frau mit Wissensdurst

Die gehörlose Geschäftsführerin stellt sich Herausforderungen. Dabei sammelt sie neue Fähigkeiten und setzt sie ein, um weiterzukommen.

Photo: Beatrice Hildbrand

Brigitte schaut immer, wo eine Tür offen ist. Und dann zweifelt sie, ob sie bereit: «Die Frage, ob ich Geschäftsführerin werden will, hat mich fast ein Jahr lang beschäftigt.» Die Neugierde hat gesiegt und Brigitte leitet seit einigen Jahren die Interessengemeinschaft der Gehörlosen und Hörbehinderten IGGH in Bern.

Eine Ausbildung im Management hat Brigitte nicht – noch nicht. Als Schneiderin entwickelte sie Kreativität, im KV lernte sie Finanz- und Rechnungswesen, auf der Bank kam das praktische Know-how, in einem Kulturbetrieb lernte sie viel über Marketing und aus Interesse machte sie die Weiterbildung zur Personalassistentin. «Ich sammle Fähigkeiten, weil ich wissbegierig bin und mitreden will», erklärt Brigitte.

Mitzureden sei als Frau nicht immer einfach: «Ich habe bis heute das Gefühl, dass ich mich doppelt beweisen muss.» Auf der anderen Seite erlebt Brigitte auch viel Wertschätzung, die Unterstützung ihres Teams und ihrer Familie. Das hilft ihr beim Weitermachen. Der nächste Schritt ist eine Weiterbildung im Nonprofit-Management. Vier Jahre lang hat Brigitte darüber nachgedacht, bis sie sich bereit fühlte: «Ich muss mich weiterentwickeln und den Ansprüchen standhalten.»

Ich habe bis heute das Gefühl, dass ich mich doppelt beweisen muss.

Brigitte Schoekle

Erschwerte Weiterbildung

Gehörlose Menschen können sich nicht einfach für eine Weiterbildung anmelden. Sie müssen im Vorfeld einen Antrag an die IV stellen, ob die Kosten für Gebärdensprachdolmetscher*innen übernommen werden. Die Chancen auf eine Zusage stehen höher, wenn mehrere Gehörlose gemeinsam eine Weiterbildung machen. Während der Weiterbildung müssen sie regelmässig bei der IV Rechenschaft ablegen über geleistete Fortschritte.

Publiziert am 28. April 2021