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Information, Ratgeber

Mein Recht: Dolmetscher für Gebärdensprache

Wo kommen Gebärdensprachdolmetscher*innen zum Einsatz – und wer bezahlt dafür? Der Rechtsdienst informiert und unterstützt bei diesen Fragen.

Recht auf Dolmetscher ist im gesetzlich geregelt

Gehörlose Menschen in der Schweiz haben das Recht auf Gebärdensprachdolmetscher*innen, damit sie gleichberechtigt am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilnehmen können.

Der Anspruch auf Gebärdensprachdolmetscher*innen in den nachfolgenden drei Bereichen ist im IV-Gesetz verankert. Damit die Kosten für individuelle Dolmetschereinsätze übernommen werden, müssen gehörlose Personen sich bei der Invalidenversicherung (IV) anmelden. Das Antragsformular für die IV kann man unter diesem Link online ausfüllen. In diesen drei Bereichen übernimmt die IV die Kosten für Gebärdensprachdolmetscher*innen:

Arbeitsplatz (Artikel 9 HVI)

Wer zur Ausübung seiner Erwerbsarbeit auf Gebärdensprachdolmetscher*innen angewiesen ist, kann bei der IV-Stelle seines Wohnkantones ein Gesuch für die Kostengutsprache von Gebärdensprachdolmetscher am Arbeitsplatz einreichen. Wenn das Gesuch gutheissen wird, übernimmt die IV die Kosten für Gebärdensprachdolmetscher*innen am Arbeitsplatz, allerdings maximal 1792.50 Franken pro Monat („Arbeitsplatzverfügung“).* . Dieser Betrag reicht für circa 10 Dolmetscherstunden. Wenn mehr Stundenbenötigt werden, muss die gehörlose Person oder ihr Arbeitgeber de Kosten übernehmen.

*Verdient eine Person weniger als 1792.50 Franken pro Monat, dann übernimmt die IV höchstens die Kosten bis zum Betrag des monatlichen Erwerbseinkommens.

Aus- und Weiterbildungen (Artikel 16 IVG)

Wer eine Aus- oder Weiterbildung für die Erwerbsarbeit macht, muss bei der IV-Stelle seines Wohnkantones frühzeitig einen Antrag auf Kostenübernahme der Gebärdensprachdolmetscher stellen. Für diese Einsätze legt das Gesetz keinen Maximalbetrag fest. Die IV holt aber bei der Procom einen Kostenvoranschlag ein und entscheidet dann individuell, ob die Kosten übernommen werden.

Privatleben (Artikel 74 IVG)

Artikel 74 im IV-Gesetz regelt alle anderen Dolmetschereinsätze, die nicht Arbeit oder Weiterbildungen betreffen, zum Beispiel Familienfeiern, Hochzeiten, Vereinsanlässe, private Kurse, Seminare, usw. Der Procom stehen pro Jahr circa zwei Millionen Franken für alle privaten Dolmetschereinsätze zur Verfügung. Die Procom entscheidet von Fall zu Fall, ob ein gewünschter Einsatz bezahlt wird oder nicht.

Daneben haben gehörlose Menschen auch ein Recht auf Gebärdensprachdolmetscher*innen bei Dienstleistungen des Gemeinwesens(Ämter, Gericht, Spital, Schule, Polizei, usw.). Diese Einsätze müssen die Behörden selber bei der Procom bestellen und nicht die gehörlose Person. So wird sichergestellt, dass die Rechnung für die Gebärdensprachdolmetscher*innen am Schluss zur richtigen Stelle geht.

Anspruch und Wirklichkeit

Es gibt also in der Schweiz auf der einen Seite das Recht auf Gebärdensprachdolmetscher*innen, auf der anderen Seite aber auch beschränkte finanzielle Ressourcen und langwierige Verfahren bei der IV und Procom. Das erschwert den gehörlosen Menschen den Zugang zu Gebärdensprachdolmetscher*innen und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Der Schweizerische Gehörlosenbund setzt sich dafür ein, dass diese Einschränkungen endlich aufgehoben werden und der effektive Bedarf an Dolmetschereinsätzen vom Bund bezahlt wird, wie es das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) und die UNO-Behindertenrechtskonvention verlangen.

Rechtsdienst hilft bei der Klärung von Dolmetschleistungen

Wurde ihr Gesuch für die Kostenübernahme von Gebärdensprachdolmetschern von der IV-Stelle abgelehnt? Oder will eine Behörde keinen Gebärdensprachdolmetscher*in für Sie bestellen?

Der Rechtsdienst berät und unterstützt Sie gerne beim weiteren Vorgehen. Wichtig ist, dass Sie sich möglichst schnell nach Erhalt des Entscheides beim Rechtsdienst melden, damit die Fristen eingehalten werden können.

Haben Sie auch schon erlebt, dass Ihre Arbeitsplatzverfügung aufgebraucht war und keine Dolmetscher*in zur Sitzung kommen konnten?

Bitte melden Sie solche Fälle unserem Rechtsdienst: rechtsdienst@sgb-fss.ch.So erfahren wir, wie gross der Bedarf tatsächlich ist und können uns auf politischer Ebene dafür einsetzen, dass gehörlose Menschen ihr Recht auf Gebärdensprachdolmetscher*innen voll wahrnehmen können.

Vermittlungsdienst von Gebärdensprach-Dolmetscher

Bei der Stiftung Procom können gehörlose und hörende Kund*innen Gebärdensprachdolmetscher*innen bestellen. Gehörlose Kund*innen erhalten bei der Procom auch ein Antragsformular für die Kostenübernahme durch die IV.

https://www.procom-deaf.ch/

Publiziert am 30. März 2021