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Medienmitteilung

Anerkennung der Gebärdensprachen – der Gehörlosenbund ist enttäuscht vom Bundesrat

Heute (24.09.2021) hat der Bundesrat den Bericht „Möglichkeit der rechtlichen Anerkennung der Schweizer Gebärdensprachen“ zur Erfüllung vier gleichlautender Postulate (19.3668 Rytz, 19.3670 Lohr, 19.3672 Romano und 19.3684 Reynard) veröffentlicht. Der Schweizerische Gehörlosenbund nimmt den Bericht enttäuscht zur Kenntnis und fordert vom Bundesrat und Parlament, dass die drei Schweizer Gebärdensprachen endlich rechtlich anerkannt werden, die UNO-Behindertenrechtskonvention konsequent umgesetzt und mit Massnahmen die Diskriminierung von gehörlosen Menschen verhindert wird.

Der Gehörlosenbund sieht in der rechtlichen Anerkennung der Gebärdensprachen den Schlüssel, um die Situation von Menschen mit einer Hörbehinderung in der Schweiz zu verbessern. Nur so erhalten gehörlose und hörbehinderte Menschen einen diskriminierungsfreien Zugang zu allen Lebensbereichen.

In seinem Bericht schreibt der Bundesrat, dass eine rechtliche Anerkennung der Gebärdensprachen keine zwingende Voraussetzung dafür sei, um die Anliegen von gehörlosen und hörbehinderten Menschen zu fördern. Dieser Aussage widerspricht der Gehörlosenbund vehement. Trotz bestehender Massnahmen des Bundes und der Kantone gibt es im Alltag noch zahlreiche Diskriminierungen von gehörlosen und hörbehinderten Menschen – jedes Jahr hält der Gehörlosenbund diese Benachteiligungen in seinem Diskriminierungsbericht fest (über zwei Fälle pro Woche im Jahr 2020). Nur die rechtliche Anerkennung der Gebärdensprachen kann die Situation verbessern.

Der im Bericht vorgeschlagene Weg, die bestehenden Regelungen und Massnahmen zu beobachten und gegebenenfalls in den Bericht „Behindertenpolitik“ aufzunehmen, ist in den Augen des Gehörlosenbundes untauglich. Denn der Bericht „Behindertenpolitik“ beinhaltet, wie vom Bundesrat selbst festgestellt, übergeordnete Ziele. Um die Situation von gehörlosen Menschen zu verbessern, sind indessen konkrete Massnahmen nötig.

Die UNO-Behindertenrechtskonvention fordert in von der Schweiz ausdrücklich eine Anerkennung und Förderung der Gebärdensprache. In seinem Bericht gibt der Bundesrat grundsätzlich einen guten Überblick über die Probleme von gehörlosen und hörbehinderten Menschen und die Möglichkeiten für eine rechtliche Anerkennung der Gebärdensprachen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es umso mehr, dass der Bundesrat die Bedeutung der rechtlichen Anerkennung der Gebärdensprache verkennt und auf einen Aktionsplan verzichtet, wie dies von den Postulanten in ihrem Vorstoss explizit gefordert wurde. Die Geleichstellung von gehörlosen und hörbehinderten Menschen darf nicht lediglich vom guten Willen der Verwaltung abhängig sein. Dafür braucht es rechtlich verbindliche Vorgaben in Form gesetzlicher Verpflichtungen und eines konkreten Aktionsplans.

Der Gehörlosenbund wird eine vertiefte Analyse der vorgeschlagenen Varianten vornehmen und weiter für eine rechtliche Anerkennung der Schweizer Gebärdensprachen kämpfen.

Publiziert am 24. September 2021