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Medienmitteilung

Anerkennung der Gebärdensprache als Muttersprache gehörloser Menschen immer noch ausstehend in der Schweiz

Am heutigen Internationalen Tag der Muttersprache lanciert der Gehörlosenbund einmal mehr einen dringlichen Appell, die Muttersprache der gehörlosen Menschen – die Gebärdensprache – in der Schweiz rechtlich anzuerkennen. Ohne diese Anerkennung werden sich gehörlose Menschen weiterhin vieler ihrer Rechte beraubt sehen; auch künftig würden sie dadurch an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt.

Der Internationale Tag der Muttersprache, der 1999 von der UNESCO ins Leben gerufen wurde und jeden 21. Februar begangen wird, soll die sprachliche und kulturelle Vielfalt fördern und unterstreichen, wie wichtig es ist, Strategien und Massnahmen zur Förderung der Mehrsprachigkeit umzusetzen.

Wie steht es damit in der Schweiz? Unser Land wird dank seiner vier Landessprachen oftmals als Vorbild für gelebte Mehrsprachigkeit bezeichnet. Und doch ist die Schweiz eines der letzten europäischen Länder, das die Gebärdensprache – die Muttersprache von rund 10 000 gehörlosen Schweizer Bürgerinnen und Bürgern – noch immer nicht rechtlich anerkannt hat.

Entgegen der Argumentation des Bundesrates in seinem im September 2021 veröffentlichten Bericht über die «Möglichkeit der rechtlichen Anerkennung der Schweizer Gebärdensprachen» ist deren rechtsgültige Anerkennung aus Sicht des Schweizerischen Gehörlosenbundes eine unabdingbare Voraussetzung, um die Rechte gehörloser Menschen einzufordern und zu wahren; nur so sind die Inklusion der Betroffenen in den Arbeitsmarkt und ins Gesundheitssystem und ihre Teilhabe an Kultur und Bildung sichergestellt.

Wie von der UN-Behindertenrechtskonvention und dem Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung gefordert, muss diese Inklusion den gehörlosen Menschen von Bund, Kantonen und Gemeinden im Rahmen ihrer Kompetenzen zugesichert werden. Trotz der bereits bestehenden Gesetze ist dies jedoch immer noch nicht der Fall, wie der jüngste Bericht des Rechtsdienstes des Schweizerischen Gehörlosenbundes zu Diskriminierungsfällen von gehörlosen Menschen im Jahr 2021 (114 Fälle) erneut aufgezeigt hat.

Der Schweizerische Gehörlosenbund nimmt den heutigen Tag deshalb zum Anlass, um die rechtliche Anerkennung der Gebärdensprache mit Nachdruck einzufordern, denn sie ist die unabdingbare Voraussetzung für die faktische Inklusion der rund 10 000 gehörlosen Menschen, die in der Schweiz leben und am sprachlichen und kulturellen Reichtum unseres Landes teilhaben wollen.

Publiziert am 21. Februar 2022